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Pitch Patsch!

Das Wirtschaftsmagazin „brand eins“ liegt vor mir und ich muss ein wenig über den Artikel auf Seite 132 schmunzeln. Im spannenden Beitrag „Farce to Farce“ geht es darum, wie immer mehr Unsitten bei der Angebotserstellung für PR- und Marketing-Budgets um sich greifen. Zitat: „Die meisten Pitches in Deutschland sind Quatsch.“

Beide Seiten haben es nicht leicht. Ich habe auf Unternehmensseite gesessen und den typischen Pitch-Marathon miterlebt. Da springen mehr oder weniger gut vorbereitete Medienprofis durch die Eingangstür und wollen die gemeinsame Win-Win-Situation herausarbeiten. Agentur für Agentur triffst du auf hochfreundliche, sehr aufmerksame und sympathische Zeitgenossen, die in aller Regel überzeugend argumentieren. Spätestens bei der dritten Agentur wiederholen sich natürlich die Buzzwords und es wird austauschbar. Proaktiv. Thought Leadership. Das ganze Programm...

Im Endergebnis gewinnt eine Agentur und die anderen haben sich umsonst angestrengt. Und weil das so ist, haben viele Agenturen mittlerweile ihre ureigenen Fachexperten herangezogen, die nichts, aber auch gar nichts anderes machen, als Pitches vorzubereiten und Pitches zu präsentieren und im Anschluss an Pitches persönlich nachzufassen. „Manche Pitch-Profis präsentieren so oft, dass sie gar nicht genau wissen, um was es geht“, heißt es im Artikel.

Und ein paar Sätze weiter prahlt ein typischer Berufsverkäufer aus dem Innenleben einer Agentur: „Mit den richtigen Buzzwords kann ich alles verkaufen.“ Da fehlt nur noch die Paybackkarte für PR-Pitches. Womit wir auf der anderen Seite sind. Wer will es den Agenturen verdenken, dass der PR-Deal wichtiger als das PR-Ziel wird. Schließlich kosten gute Angebote viel Zeit und Geld. Hinzu kommt, dass sich Firmen durchaus auch mal die vorgetragenen Konzeptideen ungefragt einverleiben und direkt an die Gewinneragentur mit dem vermeintlich günstigsten Angebotspreis weiterreichen. Patsch!

Fazit: Auf Unternehmensseite habe ich es so gehalten, bei den präsentierenden Agenturen die schüchterne(n) Begleitperson(en) zu identifizieren, die vermutlich den Hauptanteil der täglichen PR-Arbeit leisten würde(n). Denn was habe ich als Unternehmen davon, wenn Seniorberater mich mit Präsentationen beeindrucken, die tägliche Abstimmung dann aber über ganz andere Personen läuft. Und auf Agenturseite finde ich es neben der inhaltlichen Präsentation nur fair, dass sich alle Leute kennenlernen können, die tatsächlich zusammenarbeiten werden. Zum richtigen Konzept müssen die passenden Personen kommen. Sonst verlaufen die besten Ideen im Sand. Und Spaß macht es auch nicht. Face to Face statt Farce to Farce.

„Alles kommt raus“

Das „pr magazin“ bringt ein hochinteressantes Interview mit dem PR-Chef des Berliner Flughafens BER. Auf fünf Seiten im Heft skizziert Daniel Abbou seine Vorstellungen davon, wie eine wirksame Pressearbeit nach der Pannenserie beim Hauptstadt-Airport aussehen kann. Zentraler Punkt seiner Ausführungen ist, dass man nach den versenkten Milliarden nicht davon ausgehen kann, Negativschlagzeilen von nun an zu verhindern. Auch, wenn das die Betreiber und Politiker gerne so hätten.

„Das kann man nicht komplett rumreißen“, verdeutlicht Abbou. „Das, was man machen kann, ist Transparenz herzustellen.“ Und für diese Unterbeweisstellung von Glaubwürdigkeit gegenüber einer medialen Öffentlichkeit benötige man Zeit. „Das dauert. Meine erste Aufgabe ist es, Vertrauen in den Redaktionen aufzubauen. Die Glaubwürdigkeit der Pressestelle der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg war gleich null.“ Und angesichts der Fehler in der Vergangenheit würden alle Jubelmeldungen ohnehin verpuffen.

Er nennt das Beispiel, dass noch sechs Wochen vor dem breit kommunizierten Eröffnungstermin 2012 laut getrommelt wurde. Unmittelbar vor der Absage hieß es noch: „Kommt alle, let's have a party. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) hat damals riesige Produktionsgelder versenkt.“ Und welche Schlüsse zieht der BER-Pressechef aus dieser unrühmlichen Vergangenheit? „Jetzt kann ich nur persönlich um Vertrauen werben, indem ich durch alle Redaktionen gehe. Ich lade auch Journalisten zum Flughafen ein. Der Besucherdienst soll nicht nur zeigen, was schön ist, sondern auch, wo es noch klemmt.“

Daniel Abbou bezieht eine grundehrliche Position, wenn er fordert: „Dann muss man aus PR-Sicht doch der sein, der selbst darauf hinweist.“ Die Ausführungen zeigen die Richtung auf, in die eine moderne Medienkommunikation gehen sollte. Schnell heißt es von dritter Seite, dass es sich doch nur um ‚PR-Aktionen‘ handele - und man impliziert, die Kommunikationsexperten meinten es nicht ehrlich. In einschlägigen Fällen stimmt das wohl. Im konkreten Fall zeigt sich allerdings auch, in welchem Spannungsfeld die PR abläuft. Heute hat der PR-Chef des BER-Airports seine Kündigung auf dem Tisch.